[Ensio Kirvesniemi]

Schaffst du es noch ins Wohnzimmer?
Ensio verschwand in die Küche, um einen frischen Tee aufzubrühen. Tee zog immer, egal zu welcher Uhrzeit und zu welchem Anlass. Einen Samowar hatte er nie besessen, diese ganze mostowskaisch Tradition war ihm immer albern erschienen, also musste eine einfache Teekanne herhalten. Dazu zwei große Tassen und ein Teller mit Kauralastut, einem mawetischen Hafergebäck. Es war zwar weit nach Mitternacht, aber er hätte diese Kekse zu jeder Tages- und Nachtzeit verdrücken können, schließlich war es das Rezept seiner mummo.
Mit dem Tablett bewaffnet ging er ins Wohnzimmer, stellte es auf dem Tisch ab und goss dann das dampfende Getränk ein, ehe er sich neben seinen Sohn auf das große Sofa fallen ließ.

[Samu Kirvesniemi]

Vom Wohnzimmer aus hörte Samu seinen Vater in der Küche hantieren. Krampfhaft versuchte er die Augen aufzuhalten, dämmerte jedoch immer wieder weg. Was für eine bescheidener Abend das doch war. Als sein Vater mit dem klappernden Tablett ins Wohnzimmer kam, schreckte Samu kurz auf.

"Kauralastut!"

Samu setzte sich ordentlich hin, griff sofort zu und verdrückte den ersten Keks im Bruchteil eines Augenblickes und angelte sich schon den nächsten.


"Die mag ich wirklich..."

Omas Kekse waren die Besten! Weshalb konnte nicht immer alles so schön und gut sein? Erinnerungen an den Abend kamen hoch. Es lief nicht alles so wie Samu es sich vorgestellt hatte - nein, das konnte man wirklich nicht sagen.


"Tut mir leid.", platzte es aus Samu heraus.

[Ensio Kirvesniemi]

grinsend beobachtete er die Verwandlung eines Halbschlafenden, kaum standen die Kekse auf den Tisch. Wenn es nur immer so einfach wäre...
Was tut dir Leid?

[Samu Kirvesniemi]

Was ihm leid nun würde? Eigentlich eine gute Frage. Wenn Samu ehrlich zu sich wäre, müsste er wohl den Abend, die Nacht eigentlich den ganzen Tag mit einbeziehen.

"Der Abend. Das mit dir. Die nach... irgendwie alles...", sprudelte es zerknirscht aus ihm heraus.

[Ensio Kirvesniemi]

Er nippt an seiner Tasse und nimmt sich ebenfalls einen Kauralastut. Irgendwie wird er aus dem, was Samu erzählt, nicht wirklich schlau. Also heißt es nachhaken.
Ich war nicht dabei, du musst schon konkreter werden, Samu...

[Samu Kirvesniemi]

Samu hatte befürchtet, dass sein vater es nicht einfach dabei belassen würde. Wobei befürchtet? Vielleicht konnte er sich ja bei seinem Vater ja Rat holen - jung war er ja auch schließlich mal... wenn auch vor langer Zeit.

"Pekka aus meiner Klasse. Du erinnerst dich an ihr? Der der reiche Blödmann... nun, jedenfalls sind seine Eltern im Urlaub und er hat lauthals die beste Party aller Zeiten verkündet. Gut, irgendwie war sie das ja auch...", Samu grinst "....und im lauf des abends geriet dann irgendwie alles etwas außer Kontrolle..."

[Ensio Kirvesniemi]

Pekka... Er musste überlegen. Aber ja, der Name sagte ihm tatsächlich etwas. Der Vater war ein hohes Tier beim Militär, die Eltern ständig unterwegs und steinreich, etwas, was sie nur allzu gern an die große Glocke hängten. Gut, im Vergleich zum Einkommen in Mawetta war das seine auch schon recht groß und er hatte sich das selbst erarbeitet, aber gegen die Familie von Pekka erschien ihm sein Bankkonto wie das eines Bettlers. Nicht, dass er darüber traurig war, was sollte man mit soviel Geld, dass man niemals in drei Generationen ausgeben konnte, egal wie verschwenderisch man es verprasste?
Der Sohn der Familie Hyäya war das Musterbeispiel für das, was passierte, wenn das der Fall war..
Dann kam der Wodka, oder was willst du mir sagen?

[Samu Kirvesniemi]

Samu musste tatsächlich lachen - wurde dann aber schlagartig wieder melancholisch.

"Davor kam Kajia und dann der Wodka..."

[Ensio Kirvesniemi]

Kajia... er konnte sich nicht erinnern, den Namen schon mal gehört zu haben. Aber es war spät. Und außerdem war es ein Mädchen, was bedeutete, dass man es wohl nicht von Anfang an herumposaunte, wenigstens nicht gegenüber den Eltern, oder? Andererseits hatte Samu davon angefangen.
Am besten erzählst du von Anfang an, sonst kommt mein altes Hin da nicht mehr mit, ja? - Vorausgesetzt natürlich, du willst darüber reden.
Du bist gestern...
also vorgestern, wenn heute morgen ist...
er lachte kurz, das klang wirklich bescheuert
... du weißt ja, was ich meine...
zu Jussi und wolltest auch da übernachten. Gestern Abend wolltest du wieder da sein, richtig?

[Samu Kirvesniemi]

Es war wirklich schon spät oder früh - wie auch immer. Samu musste auch erst einmal seine Gedanken sortieren so viel wie passiert war.

"Oh man, Jussi gab es ja auch noch! Ja, ich war ja auch da - Mutter hatte mich ja noch vorbeigefahren. Irgendwann kam Jussi... wir auf die Idee, bei Pekkas Party vorbeizugehen. Jussi ärgerte mich noch damit, dass Kajia bestimmt auch da wäre. Kajia und Pekka. Ich wollte da nur noch hin. Wir kamen an und wurden schon lautstark begrüßt. Pekka drückte mit auch schon gleich ein Getränk in die Hand. Er wollte es mir schon wieder wegnehmen, ich wäre ja eh noch in Milchbübchen. Also trank ich.... Pekka grinste nur blöde un zog erst mal wieder weiter. Jussi und ich mischten uns unter die anderen und tanzten und alberten rum. Irgendwann sah ich dann auch tatsächlich Kajia am anderen Ende des Raumes. Jussi stubste mich in die Seite, griente blöd und schubste mich in ihre Richtung...und im nächsten Augenblick war sie weg. Wo sie eben noch gestanden hatte, stand nun Pekka...."

Er hasste diesen Kerl wirklich, schoss es Samu durch den Kopf.

"Er reckte eine Flasche in die Höhe, prostete in meine Richtung und zwinkerte mir zu. Ich sah nur noch wie er mit Kajia noch oben ging..."

Zu diesem Zeitpunkt konnte er nicht fassen, dass Kajia 'so etwas' machte. Er war maßlos enttäuscht. Wütend...

"... und ich schnappte mir noch ein Glas und trank... ein.. zwei..."