Anastasija Fjodorowna Dostojewskaja
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In Russland wir nie eine Demokratie Einzug halten, die dem westlichen Verständnis davon entspricht. Es herrscht eine andere Mentalität vor. Irgendwie - ich weiß nicht mehr wer - hat wohl mal gesagt, dass das russische Volk schon immer eine harte Hand benötigt hat und dies auch so gewünscht wird. Es wird schlicht nach einem Leitbild oder Leitperson gesucht, die ganz genau sagt wo es lang geht (Bild der Stärke) - der Alltag ist in weiten Teilen Russland noch schwer genug, um sich auch noch um so demokratischen Firlefanz wie Abstimmungen, Volksinitiativen o.ä. kümmern zu können.
Für mein Empfinden hat Russland historisch gesehen nie den inneren Drang gesehen und verspürt, sich demokratisieren zu müssen. Und Hand auf's Herz: Manchmal geht einem der demokratische Laberprozess doch echt auf den Sender, bei dem am Ende eh nicht viel außer heißer Luft raus kommt und alle Beteiligten nur darum bemüht sind ja auch wieder gewählt zu werden anstatt mal das Riskio einzugehen eine Entscheidung zu treffen und vor allem dann auch dazu zu stehen - selbst wenn sie mal in die Hose geht. Wo gehobelt wird fallen nun mal Späne und es wird sicherlich auch keiner sauer sein, dann abzuwinken zu sagen sowas darf nicht passieren - das machen eh nur Politiker untereinander. Aus dem Alltag kennt man doch selbst, dass manche Sachen einfach anders laufen als man gedacht hat - wenn man aber dazu steht und auch sagt, ja, im Nachhinein gesehen war es ein Fehler zum damaligen Zeitpunkt und mit der damaligen Erkenntnislage war es aber eine durchaus berechtigte Entscheidung, ist niemand böse.
Etwas provokativ aber ich denke, die Intention ist klar und passt...
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Ensio Kirvesniemi,'index.php?page=Thread&postID=1041173#post1041173' schrieb:Wenn Putin und seine Konsorten weg sind und in Russland endlich Demokratie einkehrt, Man sollte sich abgewöhnen immer die eigenen Standards auf andere Länder mit anderer Kultur und Mentalität zu übertragen. Wenn ich als Schweizer nach Deutschland blicke finde ich, dass ihr auch gewisse Demokratiedefizite habt (siehe Stuttgart 21), aber das ist noch lange kein Grund für die Schweizer Politik in Deutschland zu missionieren.
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Das ist auch richtig - ich denke sogar, dass das Schweizer Modell in Deutschland nicht funktionieren würde. Das Russland ein deutsches Modell umgesetzt werden muss, kann auch nicht die Forderung sein, aber dass nicht die Opposition unterdrückt und verfolgt wird und dass die Justiz und die Medien unabhängig ist, sollten schon Mindeststandards sein, denn nur dann kann das Volk doch entscheiden, ob es Putin will oder nicht...
Anastasija Fjodorowna Dostojewskaja
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Derzeit, wie ich jüngst in einem Bericht gelesen habe, würden weit über 85 % der russischen Bevölkerung Putin direkt wählen so sie es dürften. Daraus, denke ich, lässt sich durchaus rückschließen, dass die Unterdrückung der Opposition und der Medien innerhalb der Bevölkerung gar nicht so wahr genommen wird wie von der westlichen Bevölkerung und deren Vertretern.
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Habe ich auch gelesen. Dabei stellt sich die Frage nach der Informationsquelle. Entweder die Menschen in Russland sind falsch informiert oder wir sind es. Was davon wahrscheinlicher ist, muss jeder für sich selbst wissen.
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Sergeji Piotr,'index.php?page=Thread&postID=1041107#post1041107' schrieb:Bis heute verhält sich Russland so. Multilaterale Abkommen oder gar Staatenverbünde (EU) sind ihm fremd und es kommt damit nicht klar. Es versteht es einfach nicht. Das stimmt so aber nicht. Die GUS ist in ihrer ursprünglichen Konzeption ein klarer Gegenentwurf zur NATO. In den frühen 1990ern hat sie in Regionen wie Abchasien und Transnistrien sogar militärisches Peacekeeping in ziemlich westlicher Manier betrieben. Richtig ist aber, dass Russland sich bei solchen Bemühungen stets um die Führungsrolle bemüht oder sie von Staaten wie Kasachstan sogar angetragen bekommt.
Sergeji Piotr,'index.php?page=Thread&postID=1041107#post1041107' schrieb:Und nun kommts: Unter Putin began Russland sich schon ab ca. 2001 zu sammeln und die Armee und den ganzen Staat zu modernisieren und umzukrempeln. Versucht hat er das vielleicht, "modern" sind die russischen Streitkräfte aber auch heute noch nicht. Was die Weltöffentlichkeit in Georgien und auf der Krim zu sehen bekommen hat, waren vor allem Desantniki, also Angehörige der Luftlandetruppen. Die wurden vom Kreml aber schon immer stärker subventioniert als die regulären Landstreitkräfte. Der Großteil der Armija hingegen hantiert noch immer mit sowjetischer Wehrtechnik herum. Dementsprechend schlecht war bei näherer Betrachtung auch die russische Performance 2008 im Kaukasus. Der Sieg über Georgien hat dann aber natürlich dafür gesorgt, dass das in den Medien nie wirklich Erwähnung fand.
Witali Wladimirowitsch Klitschka,'index.php?page=Thread&postID=1041167#post1041167' schrieb:Sehr schöner Beitrag, ich bin RL auch mehr fuer Russland, einfach aus dem Grund, weil Putin einfach eine 'ehrliche' Politik führt, er nimmt kein Blatt vor den Mund und lässt sich auch nichts gefallen (s. Schließung aller McDonalds geschäfte in Moskau und Umgebung als Reaktion auf die westlichen Sanktionen). Ich verstehe sowieso nicht warum Deutschland soviel von Amerika haelt... Weil wir in unserer selbstgefälligen Blase der Political Correctness massiv von den USA profitieren - und das schon ziemlich lange. Angefangen beim Marshallplan bis hin zu ganz konkreter Unterstützung unserer Soldaten in Afghanistan, zu der die Bundeswehr - beschämenderweise - nicht in der Lage ist (Stichwort "CSAR").
Dass die Amerikaner allzu oft fragwürdige Entscheidungen treffen, ist unbestritten. Aber: Auch wenn ein Teil der deutschen Bevölkerung vielleicht nicht mit ihnen kann ... ohne sie geht es auch nicht. Das beweist unlängst mal wieder der IS. Was haben die Medien sich nicht jahrelang über die Weltpolizei aus Washington das Maul zerrissen. Kaum fuhr die unter Obama ihre Aktivitäten aber tatsächlich etwas zurück, ging prompt wieder die Meckerei los, das Weiße Haus möge doch bitte mal in Syrien intervenieren. Ständig zeigen wir hier in Europa mit dem Finger auf die Vereinigten Staaten, aber wenn es dann wirklich einmal drauf ankommt, verstecken wir uns gerne hinter amerikanischen Truppen.
Ensio Kirvesniemi,'index.php?page=Thread&postID=1041173#post1041173' schrieb:Wenn Putin und seine Konsorten weg sind und in Russland endlich Demokratie einkehrt, dann ist es auch wieder ein ernstzunehmender Partner. Putin bedient nur bereits vorhandene Tendenzen innerhalb der russischen Gesellschaft, er hat sie aber nicht geschaffen. Und wer sollte der Bevölkerung ihre Sympathien auch verübeln? Mit westlichen Wertvorstellungen hat sie unter Jelzin schließlich nur schlechte Erfahrungen gemacht.
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So schön Demokratie ist, aber auch sie kann Kulturimperialismus betreiben.
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Ensio Kirvesniemi,'index.php?page=Thread&postID=1041168#post1041168' schrieb:Warum Amerika?: Demokratie und Menschenrechte. Man kann sicherlich zu recht die Amis für vieles kritisieren, aber muss auch erkennen, dass die europäischen Werte noch am ehesten mit denen der USA übereinstimmen und nicht mit denen Russlands. Wenn das "Problem Putin" gelöst wird, wäre viel gewonnen, aber die deutsch-amerikanische Freundschaft ist eben auch älter.
In den USA sitzen mir dafür ein bißchen zu viel Leute im Gefängnis, aber da hat Rußland unter Putin ganz gut aufgeholt. Aber immerhin sind jetzt wohl die Seychellen auf Platz 1, nicht mehr die USA.
http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_cou...ation_rate
Wobei Nordkorea die Unbekannte ist.
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Anastasija Fjodorowna Dostojewskaja,'index.php?page=Thread&postID=1041178#post1041178' schrieb:Derzeit, wie ich jüngst in einem Bericht gelesen habe, würden weit über 85 % der russischen Bevölkerung Putin direkt wählen so sie es dürften. Daraus, denke ich, lässt sich durchaus rückschließen, dass die Unterdrückung der Opposition und der Medien innerhalb der Bevölkerung gar nicht so wahr genommen wird wie von der westlichen Bevölkerung und deren Vertretern.
Es gibt eben auch eine Diktatur der Mehrheit... Obschon es die bei uns freilich auch gibt.
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Anastasija Fjodorowna Dostojewskaja,'index.php?page=Thread&postID=1041174#post1041174' schrieb:In Russland wir nie eine Demokratie Einzug halten, die dem westlichen Verständnis davon entspricht. Es herrscht eine andere Mentalität vor. Irgendwie - ich weiß nicht mehr wer - hat wohl mal gesagt, dass das russische Volk schon immer eine harte Hand benötigt hat und dies auch so gewünscht wird. Es wird schlicht nach einem Leitbild oder Leitperson gesucht, die ganz genau sagt wo es lang geht (Bild der Stärke) - der Alltag ist in weiten Teilen Russland noch schwer genug, um sich auch noch um so demokratischen Firlefanz wie Abstimmungen, Volksinitiativen o.ä. kümmern zu können.
Für mein Empfinden hat Russland historisch gesehen nie den inneren Drang gesehen und verspürt, sich demokratisieren zu müssen. Und Hand auf's Herz: Manchmal geht einem der demokratische Laberprozess doch echt auf den Sender, bei dem am Ende eh nicht viel außer heißer Luft raus kommt und alle Beteiligten nur darum bemüht sind ja auch wieder gewählt zu werden anstatt mal das Riskio einzugehen eine Entscheidung zu treffen und vor allem dann auch dazu zu stehen - selbst wenn sie mal in die Hose geht. Wo gehobelt wird fallen nun mal Späne und es wird sicherlich auch keiner sauer sein, dann abzuwinken zu sagen sowas darf nicht passieren - das machen eh nur Politiker untereinander. Aus dem Alltag kennt man doch selbst, dass manche Sachen einfach anders laufen als man gedacht hat - wenn man aber dazu steht und auch sagt, ja, im Nachhinein gesehen war es ein Fehler zum damaligen Zeitpunkt und mit der damaligen Erkenntnislage war es aber eine durchaus berechtigte Entscheidung, ist niemand böse.
Etwas provokativ aber ich denke, die Intention ist klar und passt... Das ist historisch völliger Schwachsinn. Auf dem Boden des russischen Zarenreiches gab es die zwei ur-demokratischsten Erhebungen, der Weltgeschichte und das in einem Zeitraum, der so von einem harten Alltag geprägt war, dass man gar nicht daran denken würde, dass das hier passiert.
Ich spreche ersten von der Februarrevolution, die de facto unblutig das Zarenreich beendet hat, dass zur damaligen Zeit äußerst autokratisch war und regelmäßig Progrome losgelassen hat.
Das zweite Ereignis war die Oktoberrevolution, die für Russland de facto den 1. Weltkrieg beendet hat und in der es - von einem menschewistischen Historiker nachgewiesen - während des Bürgerkrieges eine äußerst breite Demokratie gab, die dann rest im Laufe des härter werdenden Bürgerkriegs pausiert wurde und gänzlich abgeschafft also zuerst die Troika (Sinojew, Kamenew, Stalin) und dann Stalin endgültig die Macht übernommen hat.
Genauso wenig wie es eine deutsche Mentalität gab, die den Holocoust bedingt hat, gibt es eine russische Mentalität, die autorkatische Regime in Russland bedingt. Das ist Humbug.
Lesenswert und meine Belege.
http://de.wikipedia.org/wiki/Alexander_Rabinowitch --> einfach die Literaturliste
http://de.wikipedia.org/wiki/Wadim_Sacha...ch_Rogowin --> dito
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