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Büro Orazbaewa
#1
"Kulturmonat" - wer sich das hatte schon wieder einfallen lassen? Im Dezember. Almachischer Monat. Die Menschen kamen schon auf die merkwürdigsten Ideen in der kalten Jahreszeit. Bajan Orazbaewa saß in ihrem kleinen Büro, das über und über mit Büchern, Prospekten, Zeitschriften und Broschüren vollgestopft war. Wieder die alte Geschichte der Gegenüberstellung der verschiedenen Traditionen in dieser Jahreszeit? Nun denn, seufzte sie und schlug ein weiteres Buch über Schamanismus auf...
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#2
22.12.14, 20.35 Uhr
Eilig wie immer huschte er durch die schier unendlich langen Flure "seines" Ministeriums. Er war der Minister, alle wollten etwas von ihm, ließen ihn in Akten und Anfragen nur so ertrinken. Selbst die Kollegen im Kabinett - die doch eigentlich nichts in seinem Aufgabenbereich zu suchen hatten, verteilten gutgemeinte Ratschläge und Forderungen, obwohl er das meiste doch ohnehin mit dem Präsidenten direkt klärte. Hätte der Tag doch nur 48 Stunden, er könnte sie gut nutzen. Am späten Abend des 22. Dezembers war er nun in einem Gang angekommen, von dessen Existenz er noch nichts gewusst hatte. Es sah aus, wie in einem Bunker, fast jedenfalls. Die Fenster waren klein, nicht viel größer die Büros. Kein Vergleich zu den Representationsräumen auf der Führungsebene, aber er wollte genau hierher.
Durch das kleine Glasfenster oberhalb der Tür sah er noch Licht brennen, trotz der fortgeschrittenen Stunde. Er klopfte.
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#3
Vertieft in das Buch saß Baja Orzabaewa noch zu später Stunde im Buro. Sie genoss die Ruhe - es kam ihr so vor als ob sie zu solch fortgeschrittenen Stunden immer am besten arbeiten konnte. Hatte es geklopft? Ihr war zwar so, doch verwarf Bajan Orzabaewa den Gedanken schnell wieder. Um diese Urzeit? Hier unten? Ihre Gedanken hatten ihr sicherlich nur einen Streich gespielt. Eine weitere Seite des Buches wurde umgeschlagen.
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#4
Er horchte, bekam aber keine Antwort. Energischer klopfte er nun ein weiteres Mal gegen die Tür.
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#5
Da war es doch wieder. Dieses mal war sich Bajan Ozarbaewa sicher, dass sie sich nicht getäuscht hatte. Sie legte ein Lesezeichen in das Buch, klappte es zu und wandte sich der Tür zu, um diese zu öffnen. Im fahlen Licht der Schreibtischleuchte erkannte Sie lediglich die Umrisse eines Mannes im Türrahmen. Reflexartig schoss ihre Hand an den Lichtschalter und die Neonröhrenbeleuchtung an der Decke sprang an. Ihre Augen weiteten sich als sie den 'Besucher' erkannte.

Sie sind...

Bajan Orzabaewa fasste sich schnell wieder.

...spät dran, Gospodin Ministr
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#6
Ihnen auch einen guten Abend.
begrüßte er die sichtlich verdutzte Beamtin freundlich lächelnd.
Darf ich hereinkommen?
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#7
Unzählige Fragen schossen ihr durch den Kopf: Was machte der Innenminister hier unten? Was wollte er bei ihr? Wollte er wirklich zu ihr?

Bitte, bitte.

Sie gab den Weg frei und ihr Blick fiel auf ihr eigenes Chaos im Büro. Wenn man es genau nahm, gab es weniger freien Platz als in irgend einer Form genutzten. Selbst der Boden war mit Büchertürmen übersät.

Ehm... ja... es verirrt sich selten jemand hierhin.

Sie lächelte charmant aber reserviert.
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#8
Kein Problem. Man sagt ja, ein Genie beherrsche das Chaos und ich hatte nicht mal die Güte, mich anzukündigen.
scherzte er lächelnd
Nun, man berichtete mir viel gutes über Ihre Leistungen, Bajan Sejdullajewna...
kam er dann sogleich zur Sache
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#9
Der Innenminister war galant genug, dass Chaos lediglich mit einem charmanten Wortwitz zu kommentieren, aber er hatte sich nun mal nicht wirklich angekündigt wie er selbst feststellte. Doch selbst wenn der Innenminister dies getan hätte, Bajan Orazbaewa hätte nicht gewusst, wohin sie mit all ihrem 'Kram' sollte - ein Tribut an das winzige kaum vier mal vier messende Büro.

Nun war sich wirklich erstaunt: Nicht, dass er 'viel Gutes' von ihr gehört hatte, sondern alleine die Tatsache, dass überhaupt. Dieser Innenminister wäre nahezu der erste, der überhaupt von diesem Referat Kenntnis genommen hätte. Von all diesen Gedanken ließ sie sich allerdings nichts an merken.



So?
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#10
Man sah der Almachin an, dass sie überrascht war über die Aussage. Umso besser, Bescheidenheit war auch eine Tugend...
Nun, wie Sie sicher wissen, muss ich mich größtenteils auf meine Mitarbeiter verlassen - das Ministerium ist einfach zu groß, um alle Beschäftigten zu kennen. Aber Ihre Arbeit wird von Ihrem Vorgesetzten geschätzt.
Meine Frage allerdings wäre, ob Sie sich vorstellen könnten, neue Aufgaben zu übernehmen.
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